Storyteller
Der US-Onlinegroßhändler lobt einen Literaturpreis aus. Gesucht sind Originalwerke (bisher unveröffentlicht, nicht übersetzt) mit einem Mindestumfang von 180 Seiten aus allen Genres. Der oder die GewinnerIn des „Kindle Storyteller – der deutsche Self-Publishing Award“ soll über Bastei-Lübbe gedruckt und vertrieben werden, wird vom Magazin DER FOCUS medial unterstützt, sowie von dem Onlinegroßhändler mit einem nicht näher aufgeführten Marketingpaket in einem angegebenen Wert von „20.000 Euro“ bedacht. Die ersten 1000 Teilnehmer erhalten für 12 Monate ein FOCUS-Abo.
Als Juryvorsitz stellt sich der Präsident des FDA (Freier Deutscher Autorenverband) zur Verfügung. Die Shortlist wählen die Leser, aus der Shortlist wählt dann eine Prominentenjury –u.a. Andrea Sawatzki, das Krimiduo Klüpfl/Kobr – den/die GewinnerIn.
Zur Buchmesse 2015 soll der Storyteller-Award verliehen werden.
Aus der Ausschreibung (Stand: 09.07.2015 und 16.7.2015):
Kindle Storyteller – Der deutsche Self Publishing Award
Mit dem Kindle Storyteller – Der deutsche Self Publishing Award“ wird Amazon Kindle 2015 erstmals in Zusammenarbeit mit dem Freien Deutschen Autorenverband (FDA) und dem Nachrichtenmagazin FOCUS herausragende, unabhängige Schreibtalente und ihr Buch auszeichnen.
Ob Liebesroman, Krimi oder Fantasy: Egal welches Genre, alle deutschsprachigen, bislang noch unveröffentlichten Texte mit mindestens 180 Seiten (45.000 Wörter), die zwischen dem 1. Juli und dem 15. September 2015 als eBook bei Kindle Direct Publishing für die Dauer des Wettbewerbes exklusiv publiziert werden, können am Schreibwettbewerb zum „Kindle Storyteller – Der deutsche Self Publishing Award“ teilnehmen. Bei Kindle Direct Publishing werden die Autoren mit bis zu 70 Prozent an den Einnahmen beteiligt und behalten die volle Kontrolle und die Urheberrechte am Buch. Aus allen eingereichten Titeln werden die fünf besten eBooks für eine Short-List ausgewählt. In dieser ersten Runde entscheiden allein die Leser nach Kriterien wie beispielsweise Verkäufe oder Bewertungen. In der zweiten Runde wird aus dieser Short-List das Gewinnerbuch von einer mit Experten aus Literatur und Medien besetzten Jury ausgewählt.
Der Gewinner erhält einen Preis im Gesamtwert von 30.000 Euro: 10.000 Euro Preisgeld sowie ein Amazon Marketing-Paket für sein Buch im Wert von weiteren 20.000 Euro. Außerdem wird der Bastei-Lübbe Verlag das gedruckte Gewinnerbuch im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) verlegen und vertreiben.
Der Gewinner des „Kindle Storyteller – Der deutsche Self Publishing Award“ wird im prominenten Rahmen auf der Frankfurter Buchmesse 2015 bekannt gegeben.
Fairer Buchmarkt wollte es genauer wissen. Fairer Buchmarkt bat Amazon am 9. Juli um die Beantwortung folgender Detailfragen.
Die Antworten erhielten wir am 14. Juli 2015.
- Die Antworten öffnen sich, wenn Sie die Frage anklicken, die Sie interessiert.
- Orangeunterlegte Worte und Begriffe werden in Pop-Up-Fenstern erklärt. Streichen Sie mit dem Cursor darüber.
Amazon: Mit dem neuen „Kindle Storyteller – Der Deutsche Self-Publishing Award“ werden von Amazon Kindle dieses Jahr erstmals herausragende, unabhängige Schreibtalente und ihr Buch ausgezeichnet. Der Gewinner erhält einen Preis im Gesamtwert von 30.000 Euro: 10.000 Euro Preisgeld sowie ein Amazon Marketing-Paket[5] für sein Buch im Wert von weiteren 20.000 Euro. Die Nutzungsrechte am eBook behält der Gewinner[6]. Bei Verkäufen erhält er wie jeder Autor bei Kindle Direct Publishing bis zu 70 Prozent vom Nettopreis[2]. Für das gedruckte Buch bekommt er zusätzlich ein branchenübliches Honorar[7] pro verkauftem Exemplar. Die konkreten Details dazu werden zwischen dem Gewinner und Bastei-Lübbe verhandelt[8].
Amazon: Der Autor verhandelt seine Verträge und entscheidet selbst, welches für ihn das richtige Angebot ist. Das gilt auch für zusätzliche Nebenrechte.
Amazon: Der Bastei Lübbe-Verlag macht dem Gewinner ein Angebot zur Veröffentlichung des ausgezeichneten Buches zu branchenüblichen Konditionen7. Wir sehen das als eine tolle Chance für den Autor, er ist jedoch nicht verpflichtet, das Angebot anzunehmen.
Rechtseinschätzung des Fairer-Buchmarkt-Urheberrechtsanwalts Tobias Kiwitt (www.anwalt-medires.de), Sprecher des Bundesverbands junger Autoren und Autorinnen (BVjA:)
1) Dies fängt bei der Aufzählung der eingeholten Nutzungsrechten an:
Nach § 16 der Ausschreibung werden die Rechte an allen Nutzungsarten übertragen. Unklar bleibt, ob die buchnahen Nutzungsrechte oder auch die buchfernen Nutzungsrechte gemeint sind.
Die buchnahen Nutzungsrechte sind enumerativ aufgeführt („z.B. als Hardcover-, Taschenbuch- oder eBook-Ausgabe...“), die buchfernen Übersetzungsrechte („in allen Sprachen“) werden nachgeschoben. Es kann also davon ausgegangen werden, dass z.B. die Hörspielrechte, Bühnenfassungsrechte, Buchclubrechte usw. nicht umfasst sind.
Nutzungsrechte sind keine Nutzungsarten. Diese Unklarheiten gehen im Zweifelsall bei Vertragsverhandlungen zu Lasten des Veranstalters.
2) Ebenso ist es kritisch zu sehen, dass bereits mit der Einreichung des Gewinnertextes die Verlagsrechte auf Amazon übergingen.
(„Durch Einreichung des Buches räumt der Teilnehmer, sofern er als Gewinner ausgewählt wird, Amazon und den mit Amazon verbundenen Unternehmen das (...) Verlagsrecht (...) ein.“)
Eine Rechteübertragung kann erst dann erfolgt sein, wenn der Autor seine Unterschrift unter einen dahingehenden Verlagsvertrag gesetzt hat.
Bei der Einreichung und Annahme des Gewinns kann es sich deshalb allenfalls um eine Vertragsanbahnung handeln, doch nicht um eine Übertragung des Verlagsrechts! An dieser Stelle ist die Ausschreibung zum „Kindle Storyteller – Der Deutsche Self Publishing Award“ ungenau, der juristischen Laie gewinnt da leicht den Eindruck, er habe sich bereits verpflichtet.
3) Ist das Preisgeld bereits der Vorschuss? Ein Schwachpunkt ist, dass kein Garantiehonorar zusätzlich zum Preis gezahlt wird – und der Verlagsvertrag außerdem erst noch ausgehandelt werden muss.
Es wäre wünschenswert, wenn die wesentlichen Vertragsbedingungen mit der Ausschreibung publik gemacht worden wären. Es geht nicht darum, dass Bastei-Lübbe den Verlagsvertrag vollständig preisgibt, doch ein wenig mehr Mut zum Klarheit ist begrüßenswert.
Die Stärken dieses Ausschreibung:
Mit Bastei-Lübbe, einen der größten und versiertesten Publikumsverlagen im deutschsprachigen Raum und mit Amazon, dem Internetgiganten, hat der/ die GewinnerautorIn zwei starke Partner in seinem Rücken. Er kann hoffen, dass er als Preisträger von diesen Unternehmen beworben wird und sich eine nicht allzu geringe Auflage seines Buches verkaufen lässt.
Positiv zu bewerten ist auch die geringe Laufzeit des Vertrages von fünf Jahren, bzw. die Zweitverwertungsmöglichkeit der E-Book-Rechte schon ab dem 01.01.2016. Der Autor hat also schon sehr früh wieder die Möglichkeit, seine E-Book-Rechte selbst zu verwalten und wahrzunehmen.
FAZIT: Wie gut die Konsequenzen eines Wettbewerbs ist, bei dem es Verlagsverträge zu gewinnen gibt, hängt entscheidend vom Autor (Gewinner) ab.
Er darf und er sollte verhandeln und jeden Verlagsvertrag Klausel für Klausel prüfen – so, wie es jedem Autor, jede Autorin angeraten ist, wenn sie eine vertrauensvolle Geschäftspartnerschaft aufbauen.
Fühlen Sie sich geehrt, wenn Sie einen Preis gewinnen, ob diesen, oder einen anderen. Es ist handwerklich verdient! Doch zögern Sie aus lauter Freude nicht, auch das komplizierteste Kleingedruckte zu lesen und zu hinterfragen. Nehmen Sie sich dafür Zeit – und freuen sich danach umso mehr.
Juristische Sonderberatung: Kanzlei Graf von Westphalen.